Neues Wohnen in Gemeinschaft


Das ICH im WIR ist entscheidend, wenn es um gemeinschaftliches Wohnen geht.

Seit zwei Jahren dreht sich in der Leader-Region Mühlviertler Kernland alles um das Thema „Neues Wohnen in Gemeinschaft – Wie wollen wir 2050 leben?“. Nach verschiedenen Veranstaltungen, dem Aufbau einer Suchen- und Finden-Plattform www.wohneningemeinschaft.at und der begleitenden Beratung verschiedener Projektideen fand am 8. November 2019 eine Veranstaltung mit Expertinnen, Experten und Interessierten im Kulturhaus Bruckmühle in Pregarten statt.

Wir vom Freien Radio Freistadt haben die Veranstaltung begleitet. Die Sendung dazu können Sie zu folgenden Zeiten hören:

Fr, 24.1. um 11:00
So, 26.1. um 18:00
Sendung in der Radiothek hören


Auf der einen Seite ist die Angst davor, dass vom ICH nichts mehr übrig bleibt, wenn es um gemeinschaftliches Wohnen geht, groß. Andererseits können sich immer weniger Menschen vorstellen, ihr Leben bis ins hohe Alter allein, in einem Altenheim oder in einer Einrichtung zu verbringen, die wenig selbstbestimmt ist. Gemeinschaftliches Wohnen, neue Wohnformen, Co-Housing und viele andere Ideen und Visionen, die rausführen aus der vermeintlichen Komfortzone im eigenen, allein bewohnten Haus/Wohnung werden deshalb immer populärer und spannender. Auch wenn sie noch ungewohnt, für viele nicht wirklich vorstellbar und greifbar sind. „Gibt es dann noch Platz für MICH, MEINE Bedürfnisse, was bedeutet es konkret, Wohnraum mit anderen zu teilen?“ Diese und viele andere Fragen stehen im Raum. Dabei wird die Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir als junge Menschen, als Eltern, als älter werdende und alte Menschen wohnen und leben wollen, insgesamt immer wichtiger. Denn Wohnraum wird teurer, knapper, die Bedürfnisse der Menschen ändern sich, das Gefühl, dass Jung und Alt sich wieder mehr gegenseitig unterstützen und voneinander partizipieren wollen, verschafft sich zunehmend Platz.

Mit all diesen Fragen, Ängsten und Unsicherheiten beschäftigt sich die Leader-Region Mühlviertler Kernland seit zwei Jahren intensiv. Einige Veranstaltungen, die Gründung einer interaktiven Plattform, Austausch mit ExpertInnen und viele andere Aktivitäten haben in den vergangenen Monaten das Interesse am Thema gestärkt und zu spannenden Diskussionen geführt. „Immer wieder kommen mittlerweile Menschen zu uns und fragen uns, wann es denn etwas Konkretes geben würde, wann sie ihre Wohnung, ihr Haus verkaufen können, um in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen“, erzählt Leader-Managerin Conny Wernitznig, die gemeinsam mit fünf externen ExpertInnen die Arbeitsgruppe „Neues Wohnen in Gemeinschaft“ leitet. Vor wenigen Tagen hat die Arbeitsgruppe zu einem Netzwerknachmittag in die Bruckmühle Pregarten eingeladen
Vorträge, bunte Informationen und Impulse, Diskussionsecken, in denen die BesucherInnen von Experten und Expertinnen Antworten auf ihre ganz persönlichen Fragen bekommen haben, die Präsentation eigener Ideen/Visionen und der Austausch mit Gleichgesinnten haben mehr als 100 Interessierte angesprochen.
Diskutiert wurden die Themen Mobilität in ländlichen Regionen, Gemeinschaft und Individualität per se, Finanzierung und Rechtsformen für neue Wohnmöglichkeiten, sowie Nutzung und Raumkonzepte.
Heinz Feldmann, ein Pilot in Sachen gemeinschaftlicher Wohnraum (woGen) und Architekt DI Fritz Matzinger haben in spannenden Keynotes die Pro und Contras von gemeinschaftlichen Wohnprojekten aufgezeigt und aus ihrer langjährigen Erfahrung berichtet. Architekt Thomas Arnfelser hat erzählt, wie der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr funktionieren kann und Thema-Expertin Annemarie Doppler hat bedeutsame Erkenntnisse zu Gemeinschaft und Individualität aufgezeigt.
Die wichtigsten Ergebnisse der Veranstaltung in der Bruckmühle sind, dass in jedem Projekt von Beginn an definiert sein muss, wieviel Gemeinschaftlichkeit gewollt ist, dass sich Gemeinschaft in einem Wohnprojekt entwickeln darf und kann, dass sich Lebenssituationen verändern und beim Generationenwohnen darauf Rücksicht genommen werden muss, dass Vereine und Genossenschaften die optimalsten Trägergruppen für gemeinschaftliche Wohnprojekte sind, Eigentum keine Rolle spielen darf und dass es ideal ist, von Beginn an möglichst unterschiedliche Altersgruppen zu haben. Auch die Mobilität bei Wohnprojekten im ländlichen Raum spielt eine wichtige Rolle und bedingt die Bereitschaft der Politik, öffentliche Verkehrsanbindungen zu stärken sowie die Bereitschaft der Menschen, diese zu nutzen.

Die Details der Diskussionen und Netzwerkgespräche können auf der Website nachgelesen werden: www.wohneningemeinschaft.at
Außerdem freut sich die Arbeitsgruppe über alle Einträge, Informationen und Impulse zum Thema: wohnen@leader-kernland.at

Text: Conny Wernitznig, GF LEADER-Region Mühlviertler Kernland

Auf großes Interesse ist die Veranstaltung „Wie viel Ich im Wir“ in der Bruckmühle Pregarten gestoßen
Alle Beteiligten haben sich über die spannenden Gespräche und Erkenntnisse gefreut. Im Bild v.li: Thomas Arnfelser, Kurt Prandstetter, Theodora Eichinger, Monika Weißengruber, Annemarie Doppler, Felix Diesenreiter, Barbara Tröls, Bernhard Rihl, Conny Wernitznig, Heinz Feldmann und Leader-Obmann Erich Traxler
Die Projektgruppe hat allen Grund, sich zu freuen. Tolle Arbeit leisten Barbara Tröls, Theodora Eichinger, Kurt Prandstetter, Monika Weißengruber, Annemarie Doppler und Conny Wernitznig